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Die Generalprobe!

 

Am Wochenende stand wie im letzten Artikel angekündigt der Testmarsch der letzten 35 Kilometer des Megamarsches an. Somit hieß es am Sonntag um 5 Uhr aufstehen, da der Zug um kurz nach 6 Uhr abgefahren ist. Nach einem kurzen Zwischenhalt am Münchener Hbf, der für den Erwerb eines kräftebringenden Frühstücks genutzt wurde, ging es weiter mit dem nächsten Zug mit dem Ziel „Kochel am See“. Hier musste ich letztes Jahr leider bei Kilometer 65 aussteigen, da ich das falsche Schuhwerk und die falsche Schuhgröße gewählt habe.

 

Das Wetter war wenig einladend, da wir bei ca. drei Grad in Kochel losgezogen sind. An meiner Seite hatte ich David, der zum einen auch die 100 Kilometer mit in Angriff nimmt und durch diverser Bundeswehrmärsche auch auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen kann. Der Start ging sehr gut los und wir legten auch direkt ein gutes Tempo vor. Kurz hinter Kochel stand dann die erste große Herausforderung in Form des „Großen“ Anstieges an. Ich hatte zwar Stöcker dabei, habe mir aber gesagt, dass ich sie nur im Notfall nehmen werde und der Testmarsch dazu dienen soll um die Frage zu klären ob man die Stöcker beim „100er“ benötigt oder nicht. Der Anstieg zieht sich ziemlich in die Länge gerade weil wir natürlich auch mit wesentlich mehr Gepäck gelaufen sind ggü. der Ausstattung beim Megamarsch, da dort ja für Verpflegung gesorgt wird und man sich auf das notwendigste beschränken kann. Nach dem wir die Steigung hinter uns gebracht haben, war uns direkt klar, dass das nach ca. 70 km besser mit Stöcken gehen wird und sich die Frage somit geklärt hat. Anschließend ging es recht angenehm weiter ohne große Hindernisse in Form von Anstiegen oder größeren Abstiegen.

 

Am Walchensee entlang haben wir uns entschieden ab heute jeden Tag für schönes Wetter für den Marsch zu beten, da der Wind direkt am See schon sehr eisig war. In „Flake“, dem Wikingerdorf aus dem Wickie-Film, was direkt am Wegesrand aufgebaut ist, angekommen, wussten wir auch direkt wie die wahren Wickinger sich damals gefühlt haben müssen. Es war doch sehr zügig und die Temperatur nicht förderlich. Aufgrund der Kälte und den noch anstehenden Kilometern blieb leider keine Zeit zum Rasten und wir zogen unermüdlich weiter. Am Ende des Walchensees stand dann auch die nächste Steigung an, die unsere Entscheidung für Stöcker noch einmal untermauerte. Sie ist nicht so steil wie die hinter Kochel, zieht sich aber sehr in die Länge. Oben angekommen war uns klar, dass wir das schwierigste hinter uns gelassen haben. Ab jetzt hieß es „nur“ noch Kilometer machen. Das taten wir dann auch und zogen unermüdlichen Schrittes weiter Richtung Wallgau. Kurz vor der Wasserversuchsanstallt wollten wir gerade an der „Schanke“ vorbei in den Wald gemäß Routenplaner abbiegen trafen jedoch auf zwei weitere Wanderer, die das schlechte Wetter auch nicht abhalten konnte. Nach einem kurzen Austausch stellte sich heraus, dass sie ebenfalls den Megamarsch angehen werden und die Strecke auch Probelaufen, warum sie das jedoch in die entgegengesetzte Richtung getan haben erschließt sich uns bis heute noch nicht ganz. Aber jeder hat seine eigene „psychologische Kriegsführung“. Sie gaben uns auf jeden Fall den wertvollen Hinweis, dass der Waldweg gesperrt ist und sie deswegen auf die Straße ausgewichen sind, nach dem sie im Wald nicht weiterkamen. Somit taten wir das Gleiche und gingen der Straße entlang bis kurz vor Wallgau, wo wir wieder auf den eigentlichen Weg zurückkehren konnten. Auf dem letzten Teilstück sind wir dann auf dem leeren Feldweg von der Polizei überholt wurden, die uns aber nicht groß beachtet haben, sondern wohl ihre normale Kontrollfahrt gemacht haben. Danach ist uns aber aufgefallen, das wir ziemlich schwarz gekleidet waren und das für die Sichtbarkeit des Nachtmarsches nicht unbedingt glücklich ist. Somit hatten wir einen Punkt mehr, den wir auf unsere imaginäre „Memo-Liste“, die wir seit dem ersten Anstieg im Kopf geführt haben, vermerkt haben. Am Ende standen da gefühlt 495 Punkte drauf, die wir natürlich nicht mehr alles zusammenbekommen werden, aber die wichtigsten sind direkt organisiert bzw. aufgeschrieben.

 

Ab Wallgau heißt es wirklich „nur“ noch „kilometerfressen, es gibt zwar noch kleinere Anstiege, diese sind aber im Vergleich zu den vorherigen nicht mehr der Rede wert. Wenn wir am Marschtag bis hier gekommen sind, dann ziehen wir es auch durch. Es war immer wieder eine schöne Challenge, die Zeiten auf den gelben Wanderschildern zu unterbieten, was uns zum Teil sehr gut gelungen ist.

 

Nach hatten trotz des schlechten Wetters einen Blick für unsere Umgebung. Es sah doch sehr ansehnlich aus, das wir zum Teil direkt auf den Feldern neben uns eine geschlossene Schneedecke von ein paar Zentimetern Höhe hatten. Wie kalt es war merkten wir immer dann, wenn wir ein paar Schlücke aus unseren Trinkblasen genommen haben, da das Wasser wirklich ziemlich frisch war, aber das Trinken haben wir Gott sei Dank im Gegensatz zum Essen nicht vergessen, sonst hätten wir unser Tempo bis zum Ende nicht gehen können.

 

Man muss sagen, dass sich die letzten Kilometer doch sehr ziehen und die Komoot App einiges an Energie verbraucht, also kleines Memo ohne PowerBank wird das nichts mit einer Handyfüllung! Schön wird das Gefühl umso näher man nach Mittenwald kommt, da man die Wehwechen mehr und mehr vergessen kann. Kurz vor Mittenwald geht es noch einmal eine Treppe und einen kleinen Anstieg hoch bevor die eigentliche Herausforderung kurz vor Ende ansteht, ein nicht unerheblicher Abstieg! Ja richtig der Abstieg tat zu dem Zeitpunkt der Strecke wesentlich mehr weh als der letzte Aufstieg. Aber auch diesen haben wir überzeigend gemeistert und schon standen wir vor dem Ortschild in Mittenwald. Die letzten Meter im Ort bis zum Bahnhof kamen dann einem Triumpfmarsch gleich und die Aufmerksamkeit diente mehr dazu das richtige Lokal zu finden als noch über Wehwechen nachzudenken. Wir hatten unsere Auswahl getroffen haben den Weg bis kurz vor den Bahnhof aber noch vollendet, um auch den Streckenabschnitt zu kennen und einschätzen zu können wie lange wir vom Essen zum Bahnhof brauchen.

 

Wir hatten es tatsächlich durchgezogen und in knapp über sechs Stunden die sechs Kilometer hinter uns gebracht. Wirklich stolz aufgrund unserer Leistung sind wir dann ins Lokal eingekehrt wo wir uns nach kurzem Frischmachen und Waschen mit einem schönen Spanferkelbraten belohnt haben. Das war genau das Richtige, die Kaltgetränke hingegen brachten den Körper kurzweilig noch aus der Fassung und die Kälte des Marsches hatte so ihre Nachwehen. Dieses Problem wurde dann allerdings mit einer heißen Schokolade bzw. Tee auch in den Griff bekommen.

 

Nach unserer Stärkung sind wir dann aufgebrochen und haben unsere Heimreise mit dem Zug angetreten, wo man noch mal die Möglichkeit bekommt einen Teil der Strecke wiederzusehen. Die Schaffnerin hat uns dann gefragt warum wir den Marsch nicht schon vor zwei Wochen gemacht haben als das Wetter so schön war? Tja das Wetter kann man sich nicht aussuchen und leider hat man ja noch weitere Termine die man irgendwie unterbringen muss. Am Ende gilt sowieso der Leitspruch: „Es gibt kein schlechtes Wetter nur schlechte Kleidung“, das gilt auch für den Megamarsch, denn da können wir uns das Wetter auch nicht aussuchen, da der Termin auch nicht verlegt wird.

 

Mein Fazit der letzten „35“ Kilometer: Sie haben es wirklich in sich und ich verstehe jetzt auch warum der Veranstalter darauf hinweist, dass man lieber in Kochel aussteigt wenn man am Limit seiner Kräfte angelangt ist. Ich kenne jetzt die gesamte Strecke auch wenn ich dafür knappe 11 Monate und zwei Etappen gebraucht habe, aber es war mir sehr wichtig zu wissen was mich erwartet und welche Ausrüstung für den Streckenabschnitt empfehlenswert ist. Eins werde ich aber sicherlich auch bei dem Megamarsch anders machen, ich werde mich während des Marsches besser verpflegen, denn das haben wir ganz vergessen und am Ende auch bemerkt als das Hungergefühl aufkam und es dann bzgl. der Energiezufuhr eigentlich schon zu spät war. Für das Teilstück war das möglich aber mit 65 km mehr in den Beinen undenkbar, so habe ich die Verpflegung nur genutzt um die Muskulatur zu stärken in dem ich sie sparzieren getragen haben.

 

So aber nun reicht es mit dem Schreiben, ich freue mich wenn sich noch weitere Spender finden, damit den Kindern geholfen wird und ich eine noch größere Motivation habe! Ich gehe derweil eine Runde Kicken um die Beine ein wenig aufzulockern, denn die Belastung steckt noch ganz schön in der Muskulatur. Ihr solltet es auch tun denn eine Runde kicken belebt nicht nur den Körper, sondern erfrischt auch den Geist!

 

 

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