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Mit einem neuen Highlight in die Sommerpause

Im Profifußball ist aufgrund der besonderen Situation in diesem Jahr nicht wirklich eine Sommerpause erkennbar und der Amateurfußball wünscht sich nichts sehnlicheres als den „Liga-Alltag“ zurück.

 

Ich habe mich entschieden in diesem Jahr mal eine Sommerpause mit Veröffentlichungen zur Sammlung zu machen und verabschiede mich in eine Auszeit bis Ende August. Vorher will ich aber noch ein neues persönliches Highlight, das neu in der Sammlung eingetroffen ist, präsentieren.

 

Es handelt sich um einen Bierkrug, der auf dem ersten Blick nicht viel mit dem aktuellen Fußballgeschehen zu tun hat. Wenn man sich den Krug dann aber einmal genauer anschaut, fällt einem auf, dass dieser aus dem Jahr 1902 von einem FV also „Fußball Verein“ stammt, d.h. aus einer Zeit in der Fußball in Deutschland noch keine große Rolle gespielt hat und die Turner eher im Fokus der Sporttreibenden standen. Falls das nicht schon Highlight genug wäre, ist für mich dieser Krug als Fan von Hannover 96 fast unbezahlbar. Der Krug stammt nämlich von dem Verein FV 1898 Hannovera, was seines Zeichens ein Vorläufer des heutigen Vereins Hannover 96 e.V. ist. In der 25 jährigen Chronik von Hannover 96 ist dazu folgendes zu finden:

 

Kurzer Abriß aus der Geschichte Hannoveras.

 

Im Juli 1913 vereinigte sich der Hannoversche Fußball-Club v. 1896 mit dem Ballspiel-Verein Hannovera v. 1898 zum Hannoverschen Sport-Verein v. 1896.

 

Zu dieser Vereinigung gab in erster Linie der Gedanke den Anstoß, in Hannover einen großen Sportverein zu schaffen, der in der Lage sein sollte, auf allen Gebieten des Rasensports wie auch gesellschaftlich in jeder Beziehung Großzügiges zu leisten. Daß der neue Verein diesen Zwecken voll entsprochen hat, beweist die Geschichte des Vereins seit 1913.

 

Es dürfte interessant sein, an dieser Stelle einen Rückblick auf den Werdegang des B.V. Hannovera v. 1898 zu werfen:

 

Als am 17. April 1898 auf Anregung unseres jetzigen Ehrenmitgliedes, Herrn Geheimen Hofrat Professor H. Rhaydt, eine Anzahl junger Schüler zusammentraten, um den Fußballverein „Hannovera“ von 1898 zu gründen, da haben sie es sich sicher nicht träumen lassen, daß ihr Werk sich zu einem solch großen, umfangreichen, wie wir es heute vor uns haben, entwickeln würde. Sie traten zusammen um gemeinschaftlich Fußball zu spielen und die in der Schule erlernten gymnastischen und leichtathletischen Übungen weiter zu pflegen. Sie spielten nicht um Meisterschaften zu erringen, sie taten es, um den Sonntag oder andere freie Zeit frisch und fröhlich in freier Luft ohne Zwang bei kraftvollem Spiel zu verbringen und hin und wieder auch einmal ihre Kräfte mit anderen Gegnern zu messen. Fröhlich und sorgenlos zogen sie hinaus zur historischen, jetzt leider „gewesenen“ kleinen Bult, der Geburtsstätte unseres Hannoverschen Rasensportes. Hier hieß es auf den Beinen sein, um einen guten Platz zu erwischen, denn Hannovers gesamte Sportjugend war hier vertreten und bei allen galt das Sprichwort: „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“. War der Platz glücklich erobert, wurden vier Stangen in den nötigen Entfernungen aufgestellt und fertig war der „Sportplatz“. Durch den Zuwachs an Mitgliedern entstand bald das Bedürfnis, einen eigenen, dauernden Spielplatz zu pachten. Das Schicksal schlug uns dabei nach Vahrenwald. Von der Realgemeinde Vahrenwald wurde uns vor dem Birkenwäldchen beim Hochgericht eine Wiese pachtfrei überlassen. Beim Wirt Heine im Vahrenwalder Hof wurde ein Zimmer als Umkleideraum gemietet, indem eine mustergiltige Ordnung herrschte. Zunächst war eine Ebnung des Platzes nötig und dazu waren einige 100 Mark erforderlich, die durch Anteilscheine von den Mitgliedern trotz ihrer Jugend aufgebracht wurden. Auf dem leidlich geebneten Platze entwickelte sich dann ein sehr reger Spielbetrieb und bald konnte eine II. und III. Mannschaft aufgestellt werden. Die I. Mannschaft unternahm sogar 1901 ihre erste Fußballreise nach Mühlhausen in Thüringen.

 

Die Leichtathletik wurde ebenfalls fleißig betrieben in Gestalt von sogenannten internen Wettkämpfen, verbunden mit Gästeläufen. Von einigen Mitgliedern war ein wertvoller Silber-Pokal für einen 300 m-Lauf, der dreimal gewonnen werden mußte und von den Damen des Vereins ein wunderhübsches Trinkhorn für einen Fünfkampf gestiftet worden. Den 1. Preis errang schließlich Arthur Schumacher, den letzteren nach heißem Kampfe Georg Bruns. Diese Wettkämpfe, die damals auf der Pahlmann’schen Rennbahn an der Podbielskistraße ausgetragen wurden, fanden bei den Mitgliedern großen Anklang, und nicht nur die „Besten“ liefen hier, sondern auch die „Krümper“ die sich gern mit den Trostpreisen begnügten.

 

Im Jahre 1902 kam die Gründung des Verbandes Hannoverscher Ballspielvereine zustande, die später die Meisterschaftsspiele mit sich brachte. Unsere I. Mannschaft wurde der ersten Klasse zugeteilt, in der sie seitdem stetig mitgewirkt hat. An den Spielen der ersten Klasse nahmen damals teil: Eintracht, H. F.-C. v. 96, wir und der Akademische Ruder- und Ballspiel-Club, welch letzterer derzeit die Meisterschaft inne hatte. Mit der Auflösung der Spielabteilung des Akademischen Ruder- und Ballspiel-Clubs ist leider auch die größte Stütze des Rasensportes an unseren hiesigen Hochschulen verschwunden. An der Verwaltung des Verbandes H. B.-V. hatten wir hervorragenden Anteil.

 

Im Winter 1903/04 löste sich der vorwiegend aus Schülern bestehende, sehr spieltüchtige F.-C. Germania auf. Ein Teil desselben trat zum H. F-C. v. 96 über, ein anderer Teil gründete den Hannoverschen Ballspielverein mit, welcher seine Spiele auf dem „schwarzen Platze“ austrug. Da unser alter Platz infolge der vermehrten Wettspiele den Anforderungen nicht mehr genügte, so vereinbarten wir mit dem vorerwähnten H. B.-V. die gemeinsame Benutzung des „schwarzen Platzes" während des Sommers 1904. Hieraus entwickelten sich schnell enge, freundschaftliche Beziehungen, die im Jahre 1904 zu der Vereinigung des H. B.-V. mit dem F.-V. Hannovera zum Ballspielverein Hannovera von 1898 führten. Die Mitgliederzahl stieg auf über 130. Neues Blut und neues Leben kam in die Vereinsleitung und ein ungemein reger Sportbetrieb setzte ein. Spiele mit den besten auswärtigen Mannschaften wurden ausgetragen und zahlreiche Beziehungen zu solchen angeknüpft Als neuer Spielplatz wurde ebenfalls im Jahre 1904 eine rechter Hand des Lister Mühlenweges belegene 3Vs Morgen große Wiese gepachtet, die sich aber, wie die späteren Jahre lehrten, nicht besonders gut für unsere Zwecke eignete, da sie im Herbst und Frühjahr zu naß war. Infolgedessen waren wir im Jahre 1909 zum dritten Male vor die Notwendigkeit gestellt, unsern Platz zu wechseln. Ein Gesuch an den Magistrat hatte Erfolg. Wir bekamen ein 6V2 Morgen großes Gelände auf der gegenüberliegenden Seite des Lister Mühlenweges zugewiesen, auf welchem wir im Jahre 1910 unsern jetzigen, allen Anforderungen genügenden Sportplatz mit einer 350 m langen und 7 m breiten Laufbahn und einem geräumigen Umkleidehäuschen mit Bad errichteten. Die finanzielle Lösung dieses großen Planes war zwar keine leichte, denn mehrere tausend Mark waren dazu erforderlich. Erfreulicherweise sprangen hier unsere alten Mitglieder gern ein und dienten dem Verein als kräftige Stützen, so daß wir heute, wenn nicht unvorherzusehende Zwischenfälle eintreten, mit Ruhe der Zukunft entgegensehen können. Seit dem Jahre 1910 haben wir einen großen Aufschwung zu verzeichnen, sowohl an Spielstärke unserer Mannschaften, wie auch an Mitgliederzahl und an Ansehen nach außen. Konnten wir doch unsern Namen im verflossenen Jahre durch internationale Spiele gegen den „Osram Football-Club in London“ und den „Internationalen Fußball-Club Karlsbad“ über die Grenzen unseres deutschen Vater- andes hinaus nach England und Österreich tragen. Unsere Sportzweige wurden um drei vermehrt — Kricket, Tennis und Wandern — so daß wir heute unseren Mitgliedern eine Fülle von Gelegenheiten zur Betätigung ihrer Lust am Spiel und Sport bieten können.

 

Im Winter 1912 war es uns, wie eingangs erwähnt, vergönnt, Herrn Geheimen Hofrat Professor H. Rhaydt, der im Jahre 1898 als damaliger Direktor der Realschule II seinen Schülern die Anregung zur Gründung eines Vereins gab, als Ehrenmitglied zu gewinnen, was uns als weiterer Ansporn für unsere künftige Tätigkeit dienen wird.

 

Im Frühjahr 1913 wurde nun die Norddeutsche Ligaklasse gegründet. Aus Hannover wurde der H.h.C. v. 96 der Liga ohne weiteres zugeteilt. Von weiteren Norddeutschen Vereinen befähigten sich aus Hannover noch Eintracht und Hannovera durch gut beendete Ausscheidungsspiele für die Ligaklasse. Infolge der im Juli 1913 mit dem H.F.C. v. 96 vorgenommenen Vereinigung schied jedoch Hannovera aus der Liga wieder aus.

 

Quelle: Festschrift zur Feier des 25 jährigen Bestehens des Hannoverschen Sport-Verein von 1896 e.V., herausgegeben vom Hannoverschen Sportverein von 1896 e.V., S. 45-47. Kontakt zum 96-Archiv: sebastian.kurbach@hannover96.de

 

 

 

Wenn man es streng nimmt handelt es sich somit um einen Vor-Vorgänger Verein von Hannover 96! Was für ein toller Fund. Besonders freut mich an der Erstehungsgeschichte, dass mich gleich zwei befreundete Sammler auf die Auktion aufmerksam gemacht haben, weil auch sie der Meinung waren, dass es sich um ein prädestiniertes Sammelobjekt für meine Sammlung handelt. Es ist immer wieder schön, wenn Sammler zusammen und nicht gegeneinander arbeiten. Ich hatte das Objekt auch ohne die Hinweise bereits entdeckt, informiere aber meine Sammlerbekannten auch lieber einmal zu viel als einmal zu wenig.

 

Jetzt erfreue ich mich an dieses schöne Stück Geschichte, was zur damaligen Zeit ein Geschenk „zur freundlichen Erinnerung“ Georg Bruns s./l. (seinen lieben) Oskar Matthiae geschenkt hat. Es ist nun durch die Ankunft in der Sammlung zu meinem ältesten Stück im Bereich Hannover 96 aufgestiegen, das zweitälteste ist „nur“ aus dem Jahr 1908.

 

Ein besonderer Dank gilt an dieser Stelle auch dem Archivar von Hannover 96, der mir den Auszug aus der Vereinschronik aus dem Jahr 1921 zur Verfügung gestellt hat und sonst auch immer zum Austausch zur Verfügung steht. Er macht wirklich einen außerordentlich guten „Job“.

 

So aber das soll es für heute und die nächsten Wochen gewesen sein, ich werde jetzt die ein oder andere Fußballrunde mehr kicken und melde mich mit neuen Berichten und Geschichten rund um die Sammlung im September wieder. Bis dahin bleibts gesund und spielt Fußball!

 

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