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Eine Buchempfehlung gegen das Vergessen

 

 

Heute möchte ich Dich dazu motivieren mal wieder ein Buch zu kaufen und es vor allem auch zu lesen.

Es handelt sich um das Buch „Heulen mit den Wölfen“ von Bernd Siegler. Es ist im starfruit Verlag in einer sehr begrenzten Auflage erschienen, daher ist zögern nicht die richtige Taktik. Gerade der bei vielen anstehende  Sommerurlaub eignet sich doch sehr gut zum Lesen oder was meinst Du?

Das Buch hat eine kleine Vorgeschichte. Ob Du es glauben magst oder nicht, beim 1 FC Nürnberg wurden im Keller viele Kisten mit Karteikarten in einer Ecke gefunden. Zum Glück wurden diese alten Papiere nicht einfach entsorgt sondern an den Club-Historiker Bernd Siegler übergeben. Und was der in den Kisten entdeckt hat, gleicht einer Sensation. In den Kisten befanden sich die Mitgliederkarteikarten des 1. FC Nürnberg von 1928 bis ins Jahr 1955, d.h. inkl. aller Mitglieder, die vor dem 2. Weltkrieg Mitglied im Verein waren. Vielleicht fragst Du Dich: warum ist dieser Fund so sensationell? Nun das ist ganz einfach, der Club hatte bis zu diesem Zeitpunkt schlichtweg keine Daten über die Mitglieder aus diesem Zeitraum.

 

 

Und somit bestand nun die Möglichkeit diesen Teil der Geschichte aufzuarbeiten und das hat Bernd Siegler aus meiner Sicht hervorragend gemacht. Er stellt in dem Buch die Lebensgeschichten der 142 Mitglieder des 1. FC Nürnbergs vor, die einzig aufgrund ihres jüdischen Glaubens am 30. April 1933 aus der Mitgliederkartei gestrichen wurden.

Das Buch ist dafür zweiteilig aufgebaut. In einem Teil geht Bernd auf die Geschichte zu der damaligen Zeit und dabei natürlich im speziellen auf die beim Club ein. Im zweiten „grauen“ Teil stellt er die Lebensgeschichten der Mitglieder vor. Dabei hat er unglaubliche Arbeit geleistet und z.T. im direkten Kontakt mit direkten Nachfahren die Geschichte aufgenommen. Die Geschichten, die dabei zu Tage getreten kamen waren für die heutige Zeit fast unglaublich und führten mir einmal mehr vor Augen, was die Flüchtlinge, die sich gerade in diesem Moment auf der Flucht befinden, für Wege auf sich nehmen, um ein sicheres Leben führen zu können.

Gerade in unserem doch relativ komfortablen Alltag vergißt man das ganz gerne und schiebt lieber die eigenen Probleme, die sich im Verhältnis des öfteren eher als Problemchen präsentieren, in den Vordergrund.

Für mich hatte das Lesen dieser Lebensgeschichten eine ganz besondere Note, denn als ich das Buch gelesen habe, befand ich mich auf einer Schiffsreise. Auf meiner Reise habe ich dabei diverse Häfen angesteuert, die auch ein Großteil der 142 Mitglieder nutzten um Deutschland und Europa zu verlassen. Das war z.T. doch eine sehr spezielle Situation und regte umso mehr zum Nachdenken an.

 

 

 

Auf dieser Reise kam mir auch eine Idee wie man dieser Mitglieder gedenken könnte und zwar als ich das Titanic Museum in Southamptan besucht habe. Dort befindet sich nämlich in einem Raum die Stadtkarte aus dem Unglücksjahr der Titanic, in dem jedes Haus markiert wurde, was einen Bewohner/Angehörigen bei dem Schiffsunglück verloren hat. Als ich das gesehen habe, stand für mich fest, das Gleiche für die 142 Mitglieder des Clubs, allerdings in kleinerer Form, umzusetzen.

So habe ich eine Karte aus dem Jahr des Ausschlusses 1933 erworben und in Detailarbeit an jede Adresse einer betroffenen Familie, die ich aus dem Buch entnehmen konnte, einen Punkt der Erinnerung gesetzt. Dabei wurde recht schnell deutlich, dass einige Mitglieder in direkter Nachbarschaft wohnten aber dann auch wieder über das gesamte Stadtgebiet verteilt waren. Das auch ein Mitglied aus Rostock kam, ohne jemals in Nürnberg gewohnt zu haben, war für die damalige Zeit sicher mehr als außergewöhnlich.

Das es einer „greifbaren „ Erinnerung bedarf, darüber waren wir uns bei der Buchvorstellung Anfang des Jahres im RSQ in Nürnberg alle einig, nur die Form war zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar. Das RSQ ist ein von Fans des 1. FC Nürnberg geschaffenes Museum in dem sie die vielen Geschichten rund um Ihren Club erzählen. Ich durfte an einem Mitgliedsabend teilnehmen in dem Bernd Siegler das Buch vorgestellt hat und habe die anschließenden Diskussion gerne verfolgt und mich natürlich auch beteiligt. In Kürze erfolgt ein gesonderter Bericht über das RSQ aber wenn Du magst, schau doch gerne schon einmal online vorbei.

 

 

 

 

Natürlich habe ich auch die Möglichkeit genutzt und habe mir das Buch von Bernd signieren lassen, da es natürlich ein unverkäufliches Exemplar für mich ist und mit der persönlichen Signatur sowieso ist.

Wenn Du jetzt noch überlegst ob Du das Buch kaufen und anschließend lesen solltest, will ich Dir noch ein paar motivierende Stichpunkte geben:

Wie erwähnt ist es keine riesige Auflage, daher ist die Verfügbarkeit begrenzt

Es handelt sich um viele interessante Lebensgeschichten, reizt es Dich z.B. nicht diese von der erfolgreichsten Komponistin Israels zu lesen. Denn wer hätte diese in diesem Buch erwartet?

Die Lebensgeschichten sind kurz gefasst und regen zum Nachdenken an.

Man kann das Lesen zwischendurch immer gut unterbrechen, auch wenn es einem aus Erfahrung schwer fallen wird nicht alles hintereinander „wegzulesen“

Man erfährt viel über das Leben der damaligen Zeit und wie viel Hilfe auch aus der nichtjüdischen Gesellschaft vorhanden war.

129 der 142 Mitglieder haben überlebt

13 Mitglieder sind ermordert worden

Ein Mitglied hat sich der Fremdenlegion angeschlossen

Ein Mitglied wurde trotz des Glaubens zur Wehrmacht eingezogen

Manche Fluchtgeschichten wurden aufgrund Ihrer Dramatik sogar verfilmt (Die Ungewollten)

46 der 142 Mitglieder waren Frauen, die in den Abteilungen Schwimmen, Leichtathletik und Tennis aktiv waren

„große“ Unternehmer aus Nürnberg waren betroffen

Viele der Mitglieder spielten bei der Vereinsgründung oder in Ämtern beim Club eine wichtige Rolle

Bei bis auf sieben Mitgliedern ist auch ein Foto vorhanden

 

Also für mich ist bei diesem Auszug schon eine Menge dabei, die mich motivieren würden das Buch zu kaufen, wenn ich es nicht eh schon getan hätte.

Also zögere nicht und nutze die Chance ausserhalb der bekannten Bestsellerlisten und greif im Buchregal nach „Heulen mit den Wölfen“, ich bin mir sicher Du wirst es nicht bereuen.

Ich freue mich auf Dein Feedback und gerne auch über eine Diskussion wie es Dir gefallen hat bzw. beim Lesen ergangen ist. Viel Spaß beim Lesen und wie gesagt freu Dich jetzt schon auf den Bericht über das RSQ. Also bis bald, bleib gesund und spiel Fußball.

 

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